Ein Muss für jede To-do-Liste: Mit dem Rad in den Urlaub

Sommerurlaub mit dem Rad - check!

5# Istanbul, Tallinn, Valencia & Co.: Sebastian hat’s gewagt!

Zum Abschluss stellen wir euch Sebastian vor, den absoluten Vorzeigestudenten wenn’s um Radfahren und weite Distanzen geht.

1Sebastian W. (23) ist aufgewachsen in Kleinraming, Niederösterreich, studiert im 10. Semester Technische Mathematik an der TU in Graz und verkörpert die absolute Affinität zum Radfahren. Diese Leidenschaft teilt er idealerweise mit zwei seiner Studienkollegen und engsten Freunde. 2011 ist ihnen erstmals die ungewöhnliche Idee gekommen, über die Landesgrenzen hinweg zu radeln – mit einem klaren Ziel: Istanbul. Ob es beim zehnten Bier oder in einer langweiligen Vorlesung war, sei dahingestellt – irrsinnig oder naiv war der Plan nicht. Denn heute können sie mit guten Erinnerungen und sicher auch mit Stolz auf die Reise zurückblicken…

Wir haben Sebastian gefragt, er hat uns von seinen vier großen Langstrecken-Fahrradreisen erzählt. Für diejenigen, die sich auch für Radreisen auf den folgenden Routen begeistern können, ein kleiner Hinweis vorweg: Sebastian ist Ausdauer-Sportler, der auch gerne mal von seiner Heimat in Niederösterreich zu seinem Studienort in Graz (etwa 195 Kilometer) radelt, und das in sieben bis acht Stunden. Solltest du also nicht über diese Kondition verfügen: Zeitraum erweitern!

Von atemberaubenden Aussichten, minimalistischen Überlebenstechniken und flüchtigen Bekanntschaften

Es ist schwer, die vielen Erlebnisse in Worte zu fassen. Eigentlich würde ich dafür ja Unmengen an Zeit und Seiten brauchen. Selbst dann ist es für schwer vorstellbar, wenn man etwas dieser Art nicht schon mal selbst erlebt hat: Die Offenheit der Leute, Schlafen unter freiem Himmel, der maßlose Verzehr von einheimischen Köstlichkeiten nach einem anstrengen Tag, das Duschen nach vier Tagen am Rad bei 35 Grad, das gemeinsame Fluchen, wenn der Wind wieder von vorne ins Gesicht bläst und die absolute Freiheit…



#1 Destination: Istanbul, Türkei

Datum: August 2011
Route: Steyr (OÖ) – Wien – Bratislava (Slowakei) – Budapest (Ungarn) – Alba Iulia (Rumänien) – Veliko Tarnovo (Bulgarien) – Istanbul (Türkei)
Geschafft in: 17 Tagen
Kilometer gesamt: 2.300
Kilometer pro Tag: durchschn. 130
Kosten: ca. 500 € (inkl. Rückflug um 250 €)
Gruppe: zwei Mann

„Damals war ich 19 Jahre alt. Georg, einer meiner engsten Freunde, und ich sind im August gemeinsam zu unserer ersten Ausfahrt aufgebrochen. 17 Tage später sind wir in Istanbul angekommen. Kennen tun wir uns schon ewig, spielen im selben Fußballverein, studieren an der TU in Graz und haben dort auch eine WG gemeinsam mit einem Dritten Freund. Während ich auch außerhalb der Urlaube sehr viel Rennrad/MTB fahre, ist Georg eigentlich nur einmal im Jahr wirklich aktiv: Die Wochen die wir aus dem Land radeln. Wie er das schafft? Er besitzt wohl eine angeborene Zähigkeit.

Generell würde ich die Route nicht als schwierig einschätzen, mit einer Ausnahme: der Überquerung der Transylvanischen Alpen. Geschlafen haben wir meistens unter freiem Himmel, nicht einmal ein Zelt hatten wir mit. Alle drei, vier bis fünf Tage haben wir uns mal ein Zimmer genommen, um eine Dusche zu genießen. In Rumänien ist uns eine Felge gebrochen und wir sind glücklicherweise für eine Nacht bei einer netten Familie untergekommen. Diese hat auch dafür gesorgt, dass wir unser Rad reparieren lassen konnten (Kosten der Reparatur: zehn Euro, was in Österreich an die 200 Euro gekostet hätte).

An der bulgarischen Grenze im Süden Rumäniens haben wir eine Nacht mit Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus verbracht. Von Istanbul nach Hause sind wir dann mit dem Flieger gereist, inklusive 20 Kilometer Fahrt zum Flughafen spät nachts, ohne Licht, mit dem Rad auf der Istanbuler Stadtautobahn. Insgesamt habe ich in den 17 Tagen neun Kilo abgenommen.

Reisetipp: Siebenbürgen in Rumänien (Sibiu, Alba Iulia,…), die Transfogarascher Hochstraße!!, Istanbul, Bratislava“



#2 Destination: Tallinn, Estland

Datum: Juli 2012
Route: Steyr (OÖ) – Budweis/Ceske Budejovice (Tschechien) – Breslau/Wroclaw (Polen) – Kaunas (Litauern) – Riga (Lettland) – Tallinn (Estland)
Geschafft in: 13 Tagen
Kilometer gesamt: 1.900
Kilometer pro Tag: durchschn. 150
Kosten: ca. 500 € (inkl. Rückflug um 200 €)
Gruppe: zwei Mann

„Diesmal sind wir zu zweit angetreten: Andreas, ein Deutscher, den ich über eine Internetreisebörse kennengelernt habe, und ich.

Am ersten Abend am Moldaustausee in Tschechien haben wir ein paar Bier getrunken und gleich mal das Eis gebrochen. Zum Glück sind wir ohne Probleme miteinander ausgekommen. Er war damals kurz vor seiner Ausbildung und auch etwa in meinem Alter.

Unterwegs waren wir insgesamt 1.900 Kilometer. Andreas und ich waren radtechnisch echt gut drauf und haben richtig aufs Gas gedrückt: In Polen hatten wir in drei Tagen 600 Kilometer geschafft. Leider war das Wetter meistens besch*** – deswegen war ich sehr froh, dass Andreas bei der Routenplanung auf ein Zwei-Mann Zelt bestanden hat, welches er auch selbst mitgebracht hat.

Reisetipp: Masurische Seenplatte, Tallinn, Tschechien“



#3 Destination: Sarande, Albanien

Datum: Juli 2013
Route: Graz – Marburg (Slowenien) – Zagreb (Kroatien) – Split (Kroatien) – Podgorica (Montenegro) – Tirane (Albanien) – Sarande (Albanien)
Geschafft in: 14 Tagen
Kilometer gesamt: 1.700
Kilometer pro Tag: durchschn. 130
Kosten: ca. 300 € (inkl. Rückreise um 150 €)
Gruppe: drei Mann

„Dieses mal waren wir zu dritt unterwegs: Georg, Benjamin und ich. Genauso wie wir, spielt auch Bensch Fußball in Ulrich und arbeitet in Steyr. Dieses Projekt warn ihm ausnahmsweise drei Wochen Urlaub wert! Während wir sonst größtenteils entlang der Küste unterwegs waren, sind wir in Montenegro ins Landesinnere gefahren – was sofort mit Steigungen und schlechterem und kühlerem Wetter belohnt bzw. bestraft wurde.

Bei Schönwetter haben wir unter freiem Himmel geschlafen. Da wir (wieder mal) kein Zelt mithatten, mussten wir auch hin und wieder in ein Zimmer ausweichen. Diese waren in den eher abgelegenen Regionen Montenegros sehr günstig. Bensch hat uns schließlich in Bar (Montenegro) verlassen. Georg und ich sind noch weiter nach Albanien gefahren. Dort wurde zu dieser Zeit die erste Autobahn des Landes eröffnet. Unter dem Jubel kontrollierender Polizisten sind wir gleich neben einem Schild mit der Aufschrift „Fahrverbot für Rad, Moped und Pferdefuhrwerk“ auf die Autobahn aufgefahren. Wahnsinnig schöne Landschaft, sauberstes Meer und schöne Städte. Nicht umsonst heißt der Abschnitt zwischen Vlora und Sarande die „Côte d‘ Azur Albaniens“.

Die Heimreise war dann nichts für schwache Nerven: Zehn Stunden in einem überfüllten Bus auf den “besten“ albanischen Straßen inklusive der größten Aufregung unseres Lebens, als der Fahrer beinahe die Kontrolle über den Bus verlor. Anschließend sind wir die Heimreise von Bar nach St. Valentin mit dem Zug angetreten. Alles in allem zwei Tage anstrengendster Heimreise.

Insgesamt war diese Route sehr schön. Die Abschnitte am Meer entlang, in Kroatien waren eher einfach, dafür war Montenegro im Landesinneren sehr bergig und auch Albanien eher hügelig. Die heißen Temperaturen tragen natürlich auch ihren Teil bei, da trinkt man schon bis zu acht Liter Wasser am Tag.

Reisetipp: Krka Wasserfälle, Plitvicer Seen und Dubrovnik (Kroatien), Bucht von Kotor (Montenegro)!! und Montenegro, Abschnitt zwischen Vlora und Sarande (Albanien)!!“



#4 Destination: Valencia, Spanien

Datum: Juli 2014
Route: Steyr – Innsbruck – San Remo (Italien) – Nizza (Frankreich) – Montpellier (Frankreich) – Barcelona (Spanien) – Valencia (Spanien)
Geschafft in: 15 Tagen
Kilometer gesamt: 2.300
Kilometer pro Tag: durchschn. 160
Kosten: ca. 600 € (inkl. Rückflug um 200 €)
Gruppe: drei Mann

„Auch diesmal wieder Geck, Bensch und ich: Zu Beginn durch Österreich und Norditalien mussten wir uns diesmal mit sehr viel Regen herumschlagen. Die ersten zwei Nächte verbrachten wir in Salzburg und Innsbruck, wo wir bei Bekannten untergekommen sind. Anschließend ging’s über den Brenner nach Italien, wo das Wetter schließlich besser wurde.

Das Meer erreichten wir in der Nähe von Genua, wo wir eine Zeit lang an der Küste entlang gefahren sind. Italiener sind ziemlich „Rad-verrückte“ Leute, die tatsächlich sehr viel Rücksicht auf Radfahrer im Straßenverkehr nehmen. Nach Monaco, Nizza und Cannes haben wir uns das Landesinnere, die Provence, genauer angesehen. Eine sehr schöne Landschaft im Südosten Frankreichs.

Benschi selbst ist immer die Ruhe in Person. Selbst als uns eines Tages um sechs Uhr früh ein Gewitter weckte, Georg und ich schleunigst unser Zeug zusammenpackten, wollte er in Ruhe noch Zähne putzen und aufs Klo gehen. Währenddessen drohte der Regen schon, unser Gepäck unter Wasser zu setzen.

Schließlich erreichten wir Barcelona. Eines der größten Mankos an unseren Reisen war immer, dass wir nie schafften, uns eine Stadt näher anzusehen. Meistens sind wir durchgereist, weil wir schnell ans Ziel kommen wollten oder haben Städte oft ganz umfahren, weil’s mit dem Rad im Stadtverkehr oft nicht so lustig ist. Und selbst wenn man sich länger Zeit nimmt, man ist doch auch mal froh, einen Tag nichts tun und Kraft tanken zu können. Das traf auch für Barcelona zu: Das Ganze hat sich auf einen Nachmittagsbesuch der Sagrada Familia und anschließender Regeneration mit ein paar Bierchen beschränkt.

In Tarragona wurden wir um 6.00 Uhr Früh vom Regen geweckt. Das frühe Aufstehen und der Rückenwind haben es uns ermöglicht, die ausstehenden 250 Kilometer nach Valencia an einem Tag zurückzulegen. Dort angekommen haben wir uns in einer Jugendherberge einquartiert und das Nachtleben in Valencia mit unserem argentinischen Zimmerkollegen bis drei Uhr früh genossen – trotz der elf Stunden am Rad.

Reisetipp: Innsbruck, San Remo (Italien), Monaco, Cote d‘ Azur, Provence, Barcelona, Valencia“


„Alles in allem kann ich jedem nur empfehlen, eine solche Reise zu machen. Man braucht weder eine überdurchschnittlich teure Ausrüstung, noch eine gewaltige Kondition. Einfach die Zeit nehmen, ein Ziel setzen und dann gibt’s eh nur mehr Radfahren, Essen und Schlafen. Wohl das schönste, das ich mir vorstellen kann. ;-)“